Freitag, 10. Dezember 2010

Fahren auf Schneefahrbahnen

Tipps: Unterschiede je nach Antriebsart

Dezember 2010 (dia/jw). Auf verschneiter oder vermatschter Straße zu fahren, ist nicht angenehm. Die Rutschgefahr ist groß. Das bedeutet, dass Anfahren und Kurvenfahrten schwieriger werden und der Bremsweg deutlich länger als auf trockener Straße ist. Unabhängig von der gesetzlichen Regelung sollte es gar keine Frage sein, nur mit Winterreifen zu fahren. Nicht in Deutschland, aber in manchen anderen Ländern sind auch noch die guten alten Spikes erlaubt. Damit kommt man auch auf vereisten Fahrbahnen noch voran. In allen Fällen aber ist vorsichtiges Fahren gefragt, ohne denn den Nachfolgeverkehr aufzuhalten.
Die Fahreigenschaften sind auch je nach Antrieb unterschiedlich. Bei älteren Fahrzeugen, die noch klassischen Front- oder Heckantrieb ohne elektrische Helferlein haben, sieht das Verhalten auf glatten Straßen so aus:
Frontantrieb: Wischt beim Anfahren mit dem Vorderteil hin und her. Deshalb muss man man mit mäßigem Gas anfahren. Bei zu schneller Kurvenfahrt schiebt der Fronttriebler vorn geradeaus weiter, folgt also nicht dem Lenkeinschlag. Wird dann gebremst, bricht das Heck aus. Der Wagen wird nahezu unkontrollierbar. Gefährlich! Besser ist, Kurven langsam anzugehen, notfalls auszukuppeln und sanft gegenzulenken oder sachte abzubremsen. Bei Steigungen punktet der Fronttriebler, weil mehr Gewicht auf der Antriebsachse liegt. Das reicht aber nicht immer aus. Ein alter Trick, der bei kleinen Steigungen wie bei der Hauseinfahrt funktionieren kann, im Straßenverkehr aber nicht so sehr zu empfehlen ist: Rückwärts fahren. Dann drückt die Motorlast auf die Vorderachse.
Heckantrieb: Wischt beim Anfahren teils kräftig mit dem Heck hin und her, kann bei zu viel Gas bis zur Drehung führen. Also wie oben: mäßig. Bei zu schneller Kurvenfahrt bricht der Hecktriebler übers Heck aus, was ebenfalls schnell bis zur Drehung führen kann. Außerdem kann es so wie oben auch sein, dass die Räder nicht dem Lenkeinschlag folgen. Gegenwehr wie oben. Bei Steigungen sieht's bei Hecktrieblern nicht so rosig aus. Etwas Abhilfe bringt Kofferraumlast. Man kann's aber nicht einfach reinlegen, sondern es sollte achsnah sowie gut verzurrt und gesichert sein, damit es im Fall des Falles nicht durchs Auto fliegt. Aber es gibt Ausnahmen bei Hecktrieblern: Ist der Motor hinten, liegt die Last auf den Antriebsrädern. Dann geht’s viel einfacher den Berg hoch. Geradezu ideal war früher der VW-Käfer. Wenn andere am Berg standen, fuhr er locker vorbei.
Allrad: Damit gibt’s insgesamt mehr Sicherheit, wobei er auch beim Anfahren hin- und herschieben und bei zu flotter Fahrt die Kurve verfehlen kann. Meist schiebt er dann auch über die Vorderräder oder wird insgesamt schwer kontrollierbar. Die Gesetze der Physik werden eben nicht aufgehoben. Relativ spurtreu funktioniert's auf gerader Straße. Bergauf gibt es kaum Probleme. Man kann sich auch im etwas dickeren Schnee noch durchackern. Klar, auch Allradler brauchen Winter- oder eventuell Ganzjahresreifen.
Alles sanft angehen
Allgemein: Kuppeln, Lenken, Kurven fahren, Anfahren und Bremsen müssen immer sanft erfolgen. Bergabfahrten, meist viel riskanter als Bergauffahrten, bedürfen bei allen Antriebsarten besonderer Vorsicht. Man fährt möglichst rechts, so dass man eventuell noch in den auf Seite geräumten Schnee fahren kann, wenn das Fahrzeug zu rutschen beginnt. Bei gefährlicher Glätte rollt man ganz, ganz langsam bergab, kuppelt je nach Situation aus und bremst sanft. Es ist ratsam, bereits am Beginn der Gefällstrecke durch sachtes Bremsen zu prüfen, wie glatt es ist. Notfalls sollte man sich entscheiden, nicht zu fahren, das Auto stehen zu lassen oder sich eine andere Strecke zu suchen. Kommt das Auto bergab richtig ins Rutschen, ist es – mit allen möglichen Folgen - kaum noch zu halten.
Weitere Tipps: Weniger Schlupf beim Anfahren gibt es, wenn man den 2. Gang nutzt. Insgesamt ist es ratsam, früh zu schalten, sodass mit niedrigen Drehzahlen gefahren werden kann. Auf der Autobahn bilden sich zwischen den Fahrspuren Matsch- und Schneeanhäufungen. Deshalb muss der Spurwechsel mit Konzentration, feinfühlig und nicht zu schnell vollzogen werden. In Bremssituationen ist es ratsam, „stotternd“ zu bremsen, schnell bremsen, entlasten, wieder bremsen. Allerdings haben viele Fahrzeuge, auch schon aus älteren Beständen, ABS. Das führt bei Schlupf automatisch diese Stotterbremse aus, viel schneller, als man es selbst könnte. Das Auto bleibt außerdem lenkfähig. Das ist ganz wichtig, weil sich der Bremsweg selbst je nach Untergrund meist nicht stark verkürzt oder eventuell sogar länger ist. Daher gilt nicht nur auf der Autobahn, sondern auf allen Straßen und gerade auch im Stadtverkehr: großen Sicherheitsabstand halten! Es ist stets darauf zu achten, dass alle Scheiben freie Sicht bieten sowie die Front- und Rückleuchten nicht dicht sind. Sie sollten regelmäßig gesäubert werden, damit man gut sieht und gesehen wird. Eine Frage der Sicherheit. Beschlagene Scheiben werden in der Regel, zumindest im vorderen Fahrgastraum, frei, wenn man auch im Winter die Klimaanlage einschaltet und eine hohe Gebläsestufe wählt. Klimaanlagen entfeuchten die Luft.
Moderne Fahrzeuge mit Antriebsschlupfregelung verhalten sich bei Bergauffahrten besser als solche, die nicht diese Ausrüstung haben. Fahrzeuge mit elektronischem oder dynamischem Stabilitätsprogramm sind im Rahmen der physikalischen Grenzen in Sachen Spurhaltung und Kurvenfahrt ebenfalls die bessere Wahl.
Zum Autor: Jürgen Weller hat Millionen von Kilometern unter allen Wetterbedingungen mit verschiedensten Fahrzeugen zurückgelegt und seine Erfahrungen seit über 30 Jahren veröffentlicht. So lange fährt – und veröffentlicht - er auch schon Autotests auf Werksfahrzeugen, vom Kleinstwagen bis zur ausgewachsenen Limousine, vom Allradfahrzug bis zum reinrassigen Sportwagen.
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