Samstag, 16. Januar 2016

Unter Langzeitbeobachtung: VW Polo



Sieht für uns gut aus und ist handlich zu fahren: VW Polo, fünftürig mit 1,4-Liter-Benzinmotor.  (Alle Fotos (c): presseweller)


Zehn Jahre zuverlässig, Verbrauch punktet nicht


Siegen. Januar 2016 (DiaPrW). Der VW Polo ist bekannt und beliebt. Nach mehr als zehn Jahren und rund 60.000 Kilometern mit dem fünftürigen Polo 9N, Benziner, ziehen wir ein erstes Fazit: Es gab keine größeren Mängel, und der Kleine erwies sich bisher stets als zuverlässig. Angesichts der Maße sind die Platzverhältnisse großzügig, hinsichtlich der Motorisierung traf das aber auch auf den Benzinverbrauch zu. Fahren lässt er sich gut, auch auf langen Strecken.

Der Polo, hier ist aus dem Baujahr 2005, ist ein Benziner mit 1,4-Liter-Motor sowie einer Leistung von 75 PS (55 kW), womit er auch heute noch im Klassenvergleich bezüglich der Beschleunigung und des Höchsttempos (12,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h, 172 km/h laut veröffentlichter Basisdaten) mithalten kann. Unser Kandidat ist unter anderem mit halbautomatischer Klimaanlage (Climatic), elektrischen Fensterhebern ringsum, elektrisch verstell- und beheizbaren Außenspiegeln, Zentralverriegelung mit Fernbedienung und Radio ausgerüstet. 

Hinsichtlich des Leistungsvermögens sehen wir keine Veränderungen gegenüber den Anfängen. Treten wir auf der Bahn das Gaspedal ganz durch, geht es relativ schnell auf über 160 km/h und tachomäßig bis an 180 km/h. So salopp und flott er sich dort zeigt, so offenbart die geringe PS-Leistung auf Steigungen ihre Nachteile: kleineren Gang einlegen, um noch flott mitzuhalten. Im Stadt- und Überlandverkehr ist das auch so. Der fünfte Gang oder, je nach Steigung oder Besetzung der vierte, schafft's da nicht mehr: zurückschalten. Es macht einen großen Unterschied, ob man mit zwei oder vier Personen fährt. Insgesamt aber beschleunigt der Polo angesichts der Leistung ordentlich. Dabei gibt er sich auch bei Tempo noch im vertretbaren Maße laufruhig, nicht ganz leise, aber auch nicht laut.

Innenraum passt
Der Polo bietet angesichts der Außenmaße von knapp 3,92 mal 1,65 Meter erstaunlich viel Innenraum. Selbst die Fondpassagiere finden noch gut Platz. Ob wir größere oder kleinere Passagiere mitnahmen: Sie zeigten sich bezüglich der Platzverhältnisse zufrieden. Der Kofferraum – mit hoher Ladekante nach innen – fasst rund 270 Liter und reicht für mittleres Urlaubsgepäck. Bei uns – je nach Ausführung – lassen sich die Rücksitze geteilt umlegen, so dass man auch größere Sachen transportieren kann. Es gibt verschiedene Ablagen. Unser Polo hat auch einen oberhalb im Armaturenbrett ausfahrbaren Becherhalter als Sonderausstattung. Optimal. Für uns viel besser, als die zwischen den Sitzen oder hinter dem Schalthebel angebrachten „Höhlen“, in die man die Becher steckt und dann je nach Gang rausbugsieren muss. Gibt es leider heute oft, auch im neueren Polo.
Für den Fahrer: optimaler Fahrerplatz mit sehr griffigem Lenkrad und gutem Durchblick zu den Instrumenten, astreine Schaltung. Fünfgang.
Sicherheitsmäßig sind bei unserem Polo beispielsweise zwei Front- und zwei vordere Seitenairbags an Bord. ABS und Co. ist klar. Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) war nicht serienmäßig, daher Fehlanzeige.


Griffiges Lenkrad mit praktischem Becherhalter oben. 


Fahrverhalten und Verbrauch
Der Polo lässt sich handlich bedienen und fahren. Er ist übersichtlich, sodass er auch im Stadtverkehr und beim Parken eine gute Figur abgibt. Auf der Autobahn können wir ihm stabile Lage und guten Geradeauslauf bescheinigen. Der Fronttriebler liegt auch sonst ordentlich auf der Straße, ist fahrwerskmäßig leicht fest, aber doch insgesamt komfortabel abgestimmt. Die Kurvenlage geht weitgehend in Ordnung, wobei er aber in schneller angefahrenen Kurven deutlich zum Untersteuern ansetzt, bei feuchter, nasser Strecke schon sehr früh! Das sollte man im Kalkül haben. Ohne ESP kann schließlich nur der Fahrer ausgleichen.


Auch für die Fondpassagiere gibt es noch Platz. 


Nicht so richtig sparsam
Mit dem Sprit geht der alte Polo nicht so richtig sparsam um. Mit Stadt- und Überlandverkehr genehmigte er sich schon oft an die zehn Liter Super/ 100 Kilometer. Je nach Landstraßenanteil und äußeren Einflüssen wie winterlichen oder gemäßigten Temperaturen liegen wir meist bei über acht Liter, teils höher. Auf Langstrecke sieht das, sogar mit hohem Autobahnanteil, viel besser aus. Bei einer Laufleistung von rund 55.000 Kilometern fuhren wir etwa 850 Kilometer mit 770 Kilometern Autobahnanteil mit knapp sieben Litern pro 100 Kilometer. Aktuell erreichten wir bei minimalem Landstraßen- und Innerortsanteil, Rest Autobahn, auf 433 Kilometern und bei einem Gesamttempodurchschnitt von 94,5 km/h einen Verbrauch von gut 6,9 Litern. Ähnlich wie vor waren es auf 513 Kilometern und bei schnellerer Autobahnfahrt, öfter bis in den Höchsttempobereich und einem Gesamt-Temposchnitt von 103,4 km/h, gut sieben Liter. Das liegt im Hinblick des angegebenen Kombiwertes von 6,4 – 6,5 Liter/ 100 Kilometer im Rahmen. Da gibt es heute zum Teil schon größere Differenzen. Bezogen wir anschließend mit dem Resttankinhalt erneut Kurzstrecken und wenige Überlandfahrten ein, ergab die Rechnung gleich wieder über 7,9 Liter. Bis auf die Langstreckenwerte sind die Verbrauchswerte angesichts der Leistung für uns nicht unbedingt für Beifall geeignet, heißt, da kann er nicht punkten. Aber die Technik ist jetzt zehn Jahre weiter. Moderne Autos gleicher Klasse schneiden heute in unseren Tests meist besser ab.

Reparaturen und Co.
Inspektionen und Wartungsarbeiten wurden und werden durchgehend laut Serviceheft durchgeführt. Die Kosten für eine Inspektion sind überschaubar. Alle Arbeiten wurden vom selben Betrieb, dem Autohaus Nies – VW, Skoda usw. – in Wilnsdorf durchgeführt. Sehr zu unserer Zufriedenheit. Man macht uns darauf aufmerksam, wenn etwas nicht in Ordnung ist oder zusätzlich geprüft werden sollte und bespricht es. Alle TÜV-Termine verliefen bisher ohne Beanstandungen. Trotz häufigen Stadt- und Kurzstreckenverkehrs ist noch die erste Batterie aktiv. Der Polo hat bisher auch noch nie seinen Dienst versagt.

Es gab einige wenige Mängel. Bereits kurz nach Kauf traten nervende Knatschgeräusche auf. Da während der Gewährleistung, wurden Gummilager oder -puffer und Co. ausgetauscht. Okay. Schon sehr früh, bei um die 30.000 Kilometer, mussten Bremsbeläge gewechselt werden, was noch normal ist, aber auch Bremsscheiben. Bei den Rücklichtabdichtungen scheint es zu hapern. Im Leuchtenbereich bildet sich trotz Änderung immer wieder einmal Kondenswasser. Dadurch hat sich auch Rost angesetzt. Wahrscheinlich muss die Gesamtleuchte irgendwann ersetzt werden.


Der Motorraum ist aufgeräumt, alles Wichtige gut zugänglich.


Bei  über 50.000 Kilometern war der Austausch der „Weichlager“ oder Buchsen an den Querlenkern der Vorderachse fällig. In verschiedenen anderen Berichten wird ebenfalls auf diesen Mangel hingewiesen. Zwischen 55.000 und 60.000 Kilometern musste eine Dichtung am Kühlerthermostat erneuert werden – wurde in der Werkstatt durch Eillieferung des Ersatzteils noch während der Inspektion erledigt! Außerdem gab der Bremslichtschalter seinen Dienst auf. Die Motorlampe leuchtete während der Fahrt auf. Das VW-Autohaus Schneider, ehemals Knebel, in Siegen, lag auf der Strecke. Man diagnostizierte schnell den Schaden, und das Auto war nach wenigen Stunden wieder abholbereit, obwohl nicht angemeldet. Klasse! Das war's an Reparaturen. Okay, ab und zu war auch einmal eine defekte Leuchtenbirne zu erneuern.

Kostenmäßig fielen nur die Bremsscheiben und die Vorderachsarbeiten höher ins Gewicht. Über zehn Jahre gesehen, kann man selbst das vernachlässigen. Mancher Autobesitzer wäre froh, solch eine günstige Reparaturbilanz ziehen zu können. Abgesehen vom Verbrauch können wir unserem Polo bescheinigen, dass er bis jetzt zuverlässig war und wenig Extrakosten verursacht hat. Das ist doch alles in allem ordentlich. (jw)

Aus den Technischen Daten*
Polo, 5-türig, EZ 4/2005
Motor: 1390 ccm, 75 PS (55 kW), höchstes Drehmoment 126 Nm/ 3800 Touren
Spitze 172 km/h, 0 – 100 km/h 12,9 Sek.
L x B x H in m: 3,91 x 1,65 x 1,467
Verbrauch/ CO2-Emission (kombiniert) nach EG-Messvorschrift:
6,4 – 6,5 l/ 100 km, CO2 154 g/km
*nach Unterlagen des Herstellers

Allgemein: Seit 1979 schreibt und veröffentlicht Jürgen Weller Autotests, von Audi bis Seat und von Citroen bis Suzuki, vom Kleinwagen über Limousinen und SUVs bis zum Sportwagen. Aktuelle Tests finden sich bei Presseweller auf diesem Blog, im Magazin „Praxis-Autotest-Report“ sowie auf vielen Webportalen sowie im Printbereich oft im SiegerlandKurier und SauerlandKurier.

Mehr zu aktuellen Tests und Themen auf „Auto-Medientexte“ unter www.presseweller.de